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Dashcam – die Autokamera
Die Anbringung von sogenannten Dashcams wird auch in Deutschland immer beliebter, doch die gesetzlichen Bestimmungen dieser Minikameras sind noch nicht abschließend geregelt. Zurzeit sind diese Minikameras, die in der Regel an der Windschutzscheibe befestigt werden, noch nicht so sehr verbreitet wie zum Beispiel in Russland oder Asien. So wird geschätzt, dass nur etwa 2% der deutschen Autofahrer mit einer solchen Kamera unterwegs sind. Automobilclubs, Polizei und Verkehrssicherheitsexperten versuchen eine einheitliche Regelung herbeizuführen, so befasste sich auch Anfang 2016 in Goslar der Verkehrsgerichtstag mit diesem Thema.
Was ist eine Dashcam und wie funktioniert sie?
Grundsätzlich sind diese Kameras dazu gedacht, bei einem allfälligen Unfall die Schuldfrage dokumentieren zu können. Solche Kameras sind nicht größer als ein herkömmliches Navi, oft sogar noch kleiner und werden an der Windschutzscheibe mit Hilfe eines Saugnapfs befestigt, sodass der Verkehr in der Fahrtrichtung aufgenommen wird. Die Aufnahmen werden meist auf einer SD Karte gespeichert und neu überschrieben wenn die Speichergrenze erreicht ist.
2% der deutschen Autofahrer haben eine Dashcam im Auto
Solche Minikameras gibt es auch in Kombination Navi / Dashcam, wo beide Geräte in einem Gehäuse verbaut sind. Natürlich können solche Kameras auch für andere Zwecke benutzt werden, so zum Beispiel zur Dokumentation abgefahrener Routen. Die Preise solcher Kameras beginnen schon ab etwa 30 Euro, je nach Qualität und Zusatzoptionen können diese Kameras auch in die Preisregionen von 350 Euro oder mehr gehen.
Wo liegt das rechtliche Problem bei Dashcams?
Ausschlaggebend für die Diskussionen ob solche Kameras erlaubt sind oder nicht, ist das Bundesdatenschutzgesetz mit dem Paragrafen 6b, der das Persönlichkeitsrecht über private Interessen stellt. Das Überwachen von öffentlich zugänglichem Terrain ist Privatpersonen grundsätzlich verboten. Zu diesem Terrain gehören auch öffentliche Straßen und Gehwege. So dürfen öffentlich zugängliche Orte, Flächen und Gebäude nur durch die zuständigen Behörden überwacht werden, was unter dem Sammelbegriff „zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit“ deklariert wird.
Es gibt jedoch wenige Ausnahmen wo Privatpersonen auch öffentliches Terrain überwachen dürfen, was aber einer Bewilligung durch den Datenschutzbeauftragten bedarf und nicht so ganz einfach zu bekommen ist. Gemäß Bundesdatenschutzgesetz darf sich jedermann frei bewegen, ohne befürchten zu müssen von irgendwelchen Kameras gefilmt zu werden, was einer Überwachung gleichkommen würde, oder sogar Bewegungsprofile erstellt werden könnten.
Darf ich gemachte Aufnahmen ins Internet stellen?
Der Verband deutscher Fachanwälte ist der Meinung, dass solche Aufnahmen, die ohne Zustimmung der gefilmten Personen ins Internet gestellt werden eine Unterlassungsklage zulassen. Die betroffenen Personen können somit auf Unterlassung klagen und wenn es ganz dumm läuft sogar auf finanziellen Schadenersatz. Wenn die betroffene Person nachweisen kann, dass ein finanzieller Schaden entstanden ist, kann dies unter Umständen richtig ins Geld gehen, bringt aber mit Sicherheit eine Menge Unannehmlichkeiten und Ärger.
Was sagen die Gerichte?
Gerade an dieser Stelle beginnen die Diskussionen, denn die Gerichte beurteilen diese Dashcams unterschiedlich. Solche Aufnahmen sind laut Gesetz unzulässig und dürften somit vor Gericht nicht verwertet werden, so wie alle unrechtmäßig beschafften Beweismittel nicht anerkannt werden dürfen. Im Jahre 2015 hat das Amtsgericht Nienburg solche Bilder zur Beweisführung zugelassen. So hatte ein Autofahrer auf Grund einer bedrohlichen Situation seine Kamera eingeschaltet, weil der Beschuldigte sehr dicht aufgefahren war. Als die beiden dann auf einem Parkplatz angehalten haben wurde die Kamera gleich ausgeschaltet. Das Landgericht Heilbronn sah dies wieder komplett anders. Eine permanente Videoaufzeichnung wäre illegal, die daraus resultierenden Bilder nicht zu verwerten. Auch in Ansbach war ein Gericht der Ansicht, die Bedenken von Datenschützern wären ernst zu nehmen. Beim Einsatz solcher Kameras kann der Schuss aber auch nach „hinten losgehen“ denn die Kamera zeichnet auch eigene Fahrfehler auf.
Wie steht die Polizei dazu?
Wären nicht die Einwände der Datenschützer, könnte sich die Polizei laut Polizeigewerkschaft für solche Kameras stark machen. Oft berufen sich Unfallverursacher auf „Erinnerungslücken“ was den Unfallhergang oft nicht genau recherchieren lässt und oft zu nicht ganz fairen Urteilsfindungen führt. Eine Überwachungskamera kann sich immer erinnern und dass eine Speicherkarte bei einem Unfall völlig zerstört wird, ist so gut wie ausgeschlossen, ausgenommen das Fahrzeug brennt komplett aus.
Polizei macht sich stark für die Autokamera
Aber nicht nur bei Unfällen kann eine solche Kamera Hilfestellung leisten, auch Verkehrsrüpel die drängeln, sich reinzwängen oder gar andere Verkehrsteilnehmer nötigen und in eine ernsthafte Unfallgefahr bringen, könnten damit überführt werden. Die Polizei würde eine Einführung von Unfalldatenspeichern durchaus als sinnvoll erachten.
Was sagen die Automobilclubs?
Grundsätzlich sprechen sich die Automobilclubs für absolute Rechtssicherheit aus, allerdings darf es nicht sein, dass jedes Gericht eine eigene Auffassung vom Datenschutz hat. Laut den Automobilclubs ist hier der Gesetzgeber gefordert, endlich landesweit einheitliche Gesetze zu erlassen. Die Automobilclubs machen den Vorschlag, solche Kameras mit Auflagen zuzulassen, so sollten die Bilder von Privatpersonen nicht ausgelesen werden können, das heißt, die Kameras müssten verplombt sein, so dass die Bilder nur nach einem Unfall von Experten ausgelesen und zur gerichtlichen Verwertung beschlagnahmt werden können.
Was empfiehlt der Verkehrsgerichtstag 2016?
Experten verschiedener Interessensgemeinschaften trafen sich 2016 in Goslar zum Verkehrsgerichtstag. Polizei, Verkehrsexperten, aber auch Rechtsmediziner und Datenschützer machten sich Gedanken zum Einsatz von Überwachungskameras für Fahrzeuge, sogenannten Dashcams. Auch diese Veranstaltung brachte unter dem Strich keine endgültige Lösung. Hingegen war man sich soweit einig, dass diese Frage europaweit einheitlich geregelt werden müsse. Es wurden viele Vorschläge unterbreitet, so kam auch der Vorschlag, dass solche Aufnahmen anlassbezogen vor Gericht zu verwerten seien, was theoretisch machbar, aber in der Realität kaum umsetzbar wäre. Bei diesem Vorschlag würden also Bilder zugelassen werden, wenn die Kamera erst kurz vor einem Unfall eingeschaltet würde und danach wieder ausgeschaltet wird, denn wer hat vor einem Crash noch die Zeit eine Kamera zu aktivieren? Eine andere Möglichkeit wäre, dass zum Beispiel der Speicher auf wenige Minuten beschränkt wird, beispielsweise auf fünf Minuten und danach automatisch überschrieben wird, was aber mit technischen Schwierigkeiten verbunden ist, denn die Kamera müsste auch bei einem etwas weniger heftigen Unfall automatisch abschalten, damit die gemachten Aufnahmen nicht überschrieben werden.
Pro und Contra Dashcam
Eine einheitliche Problemlösung konnte auch hier nicht präsentiert werden. Datenschutz und Rechtssicherheit lassen sich nicht so ganz einfach unter einen Hut bringen und das Problem kann eigentlich nur als Folge einer gesamtdeutschen Gesetzgebung effektiv angegangen und gelöst, innerhalb eines Gesetzes kann dann auch der Spielraum nach allen Seiten bestmöglich ausgeschöpft werden. Auch der Verband deutscher Versicherungen würde die Zulassung dieser Dashcams mehr als begrüßen. Um eine gerechte Schadensregulierung vornehmen zu können wären diese Kameras sehr hilfreich, denn heutzutage muss auf mehr oder weniger glaubwürdige Aussagen abgestellt werden, wobei mit heutigen Möglichkeiten der Spurensicherung am Unfallort schon sehr viel nachgewiesen werden kann, auch wenn die Aussagen anderslautend sind. Die Variante, immer nur die letzten paar Minuten auf dem Speicher zu behalten erscheint den Versicherern am ehesten kompatibel mit dem Datenschutz.
Aufnahmen dürfen nicht online veröffentlicht werden
Betreffend Datenschutz gehen die Meinungen sehr weit auseinander, so ist ein Fachanwalt der Ansicht, eine Dashcam darf angebracht und auch benutzt werden, die Bilder dürfen vor dem Löschen sogar nochmals betrachtet werden. Hingegen dürfen Bilder, auf denen fremdes Eigentum oder gar Personen zu erkennen sind niemals im Internet veröffentlicht werden, ausgenommen es wird vorweg ein schriftliches Einverständnis eingeholt. Zuwiderhandlungen können nebst einer Unterlassungsklage sogar rechtlich verfolgt werden, es kann also richtig unangenehm werden. Mit einem Busgeldbescheid muss gerechnet werden.
Wie ist die Situation im europäischen Ausland?
Ausgenommen in Österreich ist eine Dashcam nirgendwo in Europa explizit verboten, allerdings darf die freie Sicht nicht eingeschränkt sein. Einige Länder befinden sich ebenfalls im Dilemma der Rechtsunsicherheit genau wie Deutschland und wissen nicht so recht wie sie mit dem Problem umgehen sollen. So kann nur eine europäische Gesamtlösung Licht ins Dunkel bringen, doch mit der Effizienz bei europäischen Problemlösungen gearbeitet wird, kann dies durchaus noch Jahre dauern.
Auf YouTube kursieren auch immer wieder Aufnahmen von solchen Kameras, vielfach in Russland aufgenommen, die Unfälle zeigen die durchaus zum Nachdenken anregen können, zum Glück gibt es auch Szenen zum Schmunzeln, wenn sich zum Beispiel zwei Autofahrer um einen freien Parkplatz sich so richtig die Meinung sagen, aber auch richtig lustige Filme werden ins Netz gestellt. Ob in Europa solche Kameras erlaubt sind oder nicht weiß eigentlich niemand so genau, auf jeden Fall ist es eine Grauzone mit mehr Vor- als Nachteilen.